Weißenthurm am Rhein - Stadt mit Geschichte (Foto: Ulrich Siewers PR)
Niemand wird behaupten, die Stadt Weißenthurm zähle zu den touristischen Perlen des Mittelrheintals. Der Ort verdankt seinen Aufstieg vom kleinen Dörfchen zum Industriestädtchen vor allem der Erfindung des Bimsbausteins in der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Der hellgraue Bimssand, der vor rund 13.000 Jahren nach dem Ausbruch des Laacher-See-Vulkans vom Himmel regnete und alles Leben im Neuwieder Becken unter sich begrub, liegt in mächtigen Schichten unter den Wiesen und Äckern beiderseits des Rheins. Man braucht nur noch Wasser und Kalk, um daraus die begehrten Bausteine herzustellen.
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Weißenthurm von der Rheinseite, dahinter die Vulkanhöhen der Pellenz (Foto: Ulrich Siewers PR)
Die verkehrsgünstige Lage an der Straße von Koblenz nach Bonn und der Rheinstrom für die Schiffsverladung begünstigt im 19. Jahrhundert die Entwicklung des Ortes. Brauereien entstehen (Schultheis, Nette-Bräu, Bock und Efinger) und dank der linksrheinischen Bahnverbindung wird 1921 die erste Dosenfabrik am Rheinufer gebaut. Der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg und die ungeheure Nachfrage nach Baumaterial, Bier und Blechbüchsen (die drei Standbeine von Weißenturm) lassen den Ort am Wirtschaftswunder teilhaben.
Seit die reichen Bimsvorkommen abgebaut sind, ist die Bimsindustrie verschwunden. Die beiden letzten größeren Brauereien Schultheis- und Nettebrauerei mussten dem Druck der „Großen“ weichen. Die Blechverarbeitung ist derzeit der größte Gewerbesteuerzahler der Stadt am Rhein.
Gleich drei Türme im Bild - der Kühlturm des Atomkraftwerks a.D. Mühlheim-Kärlich, der Turm der Pfarrkirche „Hl.
Dreifaltigkeit“ und der "Weiße Turm" (Foto: Ulrich Siewers PR)
Was alle Stürme der Geschichte überdauert hat, ist das Wahrzeichen der Stadt, der Weiße Turm. Er wurde um 1400 als kurtrierischer Zoll- und Grenzturm knapp 50 Meter vor kurkölnischem Gebiet auf einem Schieferfelsen errichtet. Wer auf der „Alten Straße“ von Koblenz über Andernach nach Bonn reiste, musste ihn wohl oder übel passieren und zuvor Wegzoll bezahlen.
Auch die Schiffe auf dem Rhein, knapp 130 Meter vom Turm entfernt, waren von der Maut betroffen. Ein Seil im Strom verhinderte,dass sich „Mautpreller“ stromabwärts ohne zu zahlen davon machten. So mancher, der den Versuch wagte, fand sich alsbald im Gefängnis wieder, das im unteren Teil des wehrhaften Gebäudes untergebracht war.
Ursprünglich war der Turm eine Mautstelle für den Warenverkehr auf der alten Reichsstraße (spätere Bundesstraße B 9) und auf dem Rhein (Foto: Ulrich Siewers PR)
Fast 30 Meter misst der Turm in der Höhe.Seine Mauern aus Bruchsteinwerk sind im mittleren Bereich mehr als 1,65 Meter dick. Dem fast weißen Verputz mit Trasskalkmörtel verdankt das Bauwerk seinen Namen. Ursprünglich befand sich der Eingang auf der Südseite und war nur über eine schmale Holztreppe zu erreichen. Hier betrat man die gut durchlichtete Wachstube, die im Winter mit einem offenen Kamin beheizt wurde.
Darunter lag das bereits erwähnte Verlies, wo die Delinquenten jedoch auf den Komfort einer Heizung verzichten mussten und das Tageslicht nur sehr spärlich durch die schmalen Schlitze in der Mauer eindrang. Davon ist heute allerdings nichts mehr zu sehen. Seit einer umfassenden Renovierung vor 30 Jahren befinden sich hier der Eingangsbereich, ein Wirtschaftsraum und die Toiletten.
Über eine steinerne Wendeltreppe gelangt der Besucher in die „Schöffenstube“, ein gemütlich eingerichteter Versammlungsraum, der auch für kleinere private Feste angemietet werden kann. Über eine schmale Steintreppe erreichen wir den historischen Eingangsbereich, in dem heute ein kleines Volkskunde- und Heimatmuseum untergebracht ist.
Unter anderem gibt es dort ein maßstäbliches Modell einer Holzbrücke zu sehen, wie sie der römische Eroberer Cäsar bereits um 55 v. Chr. über den Rhein bauen ließ, um den germanischen Stämmen seine Macht zu präsentieren. Eine Etage höher betreten wir die frühere Wohnung des Turmwächters. Ein geräumiger, heller Raum mit einem Kreuzgratgewölbe, einem großem offenem Kamin und zwei Fensternischen, in denen Sitzbänke eingelassen sind.
Über eine sehr schmale und steile Steintreppe gelangt der Besucher anschließend hinauf ins Dachgeschoss. Ursprünglich gab es hier einen offenen Zinnengang mit nur einem kleineren Schutzdach. Die Turmbesatzung hattev on hier oben einen idealen Rundumblick. Erst im 19. Jahrhundert setzte man dem Turm sein heutiges Pyramidendach auf. Das Dachgeschoss diente lange Zeit Eulen als Brutplatz, weshalb der Weiße Turm im Volksmund auch „Eulenturm“ genannt wird.
Heute sind die Öffnungen mit Glasfenstern verschlossen, damit keine Tauben eindringen können. Der atemberaubende Blick hinunter auf die Stadt, die kühne Architektur der Neuwieder „Raiffeisenbrücke“ und das Rheintal wird dadurch jedoch nur wenig eingeschränkt.
Blick über die Dächer von Weißenthurm auf die Rheinbrücke bei Neuwied (Foto: Ulrich Siewers PR)
Ein weiteres, sehr sehenswertes Wahrzeichen der Stadt ist das Hoche-Denkmal (Monument Hoche) unweit des Weißen Turms >>> mehr