Wehr liegt inmitten eines Einbruchskessels - im Hintergrund seine von Wald verdeckten Abbruchkanten (Foto: Ulrich Siewers PR)
Ob die knapp 1.200
Menschen, die im Eifelort Wehr in der Nähe des Laacher Sees leben, mutiger sind
als andere, darf bezweifelt werden. Sie leben jedoch mitten in einem 300.000
Jahre alten Vulkan, der zuletzt vor über 150.000 Jahren gewaltig spuckte und
rumpelte. Davor hatte er nur 65.000 Jahre geschlafen, nachdem eine große
unterirdische Magmakammer eingebrochen war und das darüber liegende Gelände
absackte. Zurück blieb ein großer Einbruchskessel (Caldera) von gut zwei Kilometer
im Durchmesser. Die teils schroffen Abbruchkanten liegen deutlich erkennbar
westlich des Ortes.
Wann genau die ersten Menschen im Wehrer Talkessel
siedelten ist nicht bekannt. Vermutlich wurde schon zu vorrömischer Zeit in Wehrer Hüttenberg Eisenerz abgebaut und zu Eisen weiter verarbeitet >>> mehr
Gerd Otto, ein engagierter Heimat und
Geschichtsforscher aus Wehr hat sich mit der Frühgeschichte der Osteifel
intensiv beschäftigt und darüber ein lesenswertes Buch "Die Römer in der Osteifel" geschrieben >>> mehr
Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte Jahr
920. Ab dem 11. Jahrhundert bis zur Säkularisation zu Beginn des 19.
Jahrhunderts war der Abt des PrämonstratenserklostersSteinfeld „Land- und Lehnsherr“ im Ort. Er übte gleichzeitig die Gerichtsbarkeit
aus. Während der Herrschaft Napoleons über die Rheinlande war Wehr Kantonsort
und Bürgermeisterei im französischen Departement Rhein und Mosel und gehörte
zum Arrondissement (Kreis) Bonn. Unter der anschließenden preußischen
Verwaltung wurde die Gemeinde Teil der Bürgermeisterei Burgbrohl im Kreis
Mayen. Im Zusammenhang mit den Gebietsreform gehört Wehr seit 1970 zur
Verbandsgemeinde Brohltal im Kreis Ahrweiler.
Aufgang zur Pfarrkirche (Foto: Ulrich Siewers PR)
In der Osteifel sind derart üppig ausgestattete Kirchen selten (Foto: Ulrich Siewers PR)
Sehenswert ist die
katholische Pfarrkirche St. Potentinus aus dem Jahr 1702 mit ihrer für die
Region ungewöhnlich reichen barocken Ausstattung. Der Westturm aus dem 13.
Jahrhundert hat eine besonders schöne Tuffsteinquaderung.
Der gepflegte ‘Barocke Pfarrgarten’ hinter der Kirche diente den Mönchen früher als Nutz- und
Erholungsgarten (Foto: Ulrich Siewers PR)
Sankt Potentius bildet eine Station auf dem Jakobsweg von Bonn nach Trier.
Die ehemalige Kellnerei des Klosters Steinfeld aus dem Jahr 1730. Die
Außenmauern bestehen aus wechselnden Schichten von hellem und dunklem Tuff. (Foto: Ulrich Siewers PR)
Gleich neben dem
Gotteshaus steht ein zweigeschossiger, überaus stattlicher Bau. Es handelt sich
dabei um die ehemalige Kellnerei (Gutsverwaltung) des Klosters Steinfeld aus dem Jahr 1730. Die
Außenmauern bestehen aus wechselnden Schichten von hellem und dunklem Tuff. Auffällig
ist das hohe Mansardedach und die zweiläufiger Freitreppe an der Längsfront.
Der Steinbergerhof gehört zur Gemeinde Wehr (Foto: Ulrich Siewers PR)
Der Steinbergerhof ist ein kleiner, ein wenig
abgelegener Wohnplatz in 475 m Höhe, der zur Gemeinde Wehr gehört. Der Name
steht im Zusammenhang mit dem vulkanischen Tuffstein, der über Jahrhunderte
hinweg in der Nähe abgebaut wurde.
Als "Viculum Steinberch" wird der
Steinbergerhof erstmals in einer Urkunde von Papst Innozenz II. erwähnt. In
diesem Schriftstück vom 10. Dezember 1136 bestätigt dieser die neue Ordensregel
der Prämonstratenserabtei
Steinfeld. Es enthält außerdem eine Auflistung aller Besitzungen des
Klosters, darunter das Dorf und die Pfarrei Wehr samt der Siedlung Steinberg mit
ihrem Zehnten.
Der Hof mit dazu gehörenden 300 Morgen Land wurde bis zum Jahr
1802 von der Abtei immer als Ganzes verpachtet. Im Rahmen der Säkularisation
unter der Herrschaft Napoléons wurde das Kloster aufgehoben und sein Besitz
verstaatlicht. Dem letzten Pächterehepaar, Peter und Christine Ritzdorf,
geborene Knüppel, gelang es, den Hof käuflich zu erwerben. Gut 700 Jahre
bewirtschaften die Familien Loth und Knüppel den Steinbergerhof.
Dieses alte Steinkreuz wurde 1664 von Johannes Loth und seiner Frau Katrina "zur Ehre Gottes" errichtet (Foto: Ulrich Siewers PR)
Doch nicht nur
die Besitzverhältnisse hatten sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts verändert. Als
Erbe der Französischen Revolution wurde auch das Prinzip der
Realteilung eingeführt.
So kam es, dass das bisher nie geteilte Land 1849 unter den 12 Kindern der
Familie aufgeteilt wurde und später erneut unter deren Kindern. Aus dem
ursprünglichen Hof wurde nun ein Wohnplatz mit mehreren bäuerlichen Anwesen, die
mehr schlecht als recht von den geringen Erträgen leben mussten.
Zu den typischen Kulturgütern der Osteifel zählen stellvertetend die über 110
Jahre alte Kapelle "zur schmerzhaften Muttergottes" und ein steinernes Kreuz aus
dem Jahre 1664. Wie eine Jahreszahl über dem Portal verrät, wurde die Kapelle
1901 von der Familie Ritzdorf auf eigenem Grund und auf eigene Kosten errichtet.
Die Kapelle "zur schmerzhaften Muttergottes" wurde vor über 110 Jahren aus heimischem Tuffstein errichtet (Foto: Ulrich Siewers PR)
Das stattliche Gebäude, dessen Kreuzgratgewölbe immerhin eine Höhe von über vier
Metern erreicht, wurde von einheimischen Steinmetzen aufwendig aus dem örtlichen
Tuffstein gebaut. An die Kapelle mit ihrem quadratischen Grundriss wurde ein
halbrunder Chorraum angebaut, in dem ein Altar aus Tuffstein aufgestellt wurde.
Auf ihm steht eine Skulptur der "Schmerzhaften Mutter Gottes" (Mater Dolorosa",
ein Vesperbild im Stil der Erbauerzeit. Türen und Fenster sind mit kunstvoll
behauenen Steinen eingefasst. In einer Nische über dem Portal steht die Figur
des Hl. Josef mit dem Jesuskind. Auf den First der Giebelwand hat man ein
künstlerisch fein gestaltetes Kreuz aus Tuffstein aufgesetzt.
Die "Schmerzhafte Mutter Gottes" im Chorraum (Foto: Ulrich Siewers PR)
Die Pflege und der Erhalt der privaten Kapelle
obliegt bis heute der Nachkommenschaft ihrer Erbauer. Sehr zu deren Leidwesen
ist das Mauerwerk ständig feucht und lässt den Putz an den Innenwänden bröckeln.
Aus diesem Grunde ist nach Trockenlegung des Mauerwerks eine gründliche
Sanierung geplant.
Mehr über den Steinbergerhof und seine
interessante Geschichte finden Sie >>> hier
Im Wehrer Talkessel
befindet sich das größte Kohlensäurevorkommen Europas. Aufsteigendes
CO2-Gas (der "Umweltkiller" Kohlendioxid), das am Rande eines in ca. 6 bis 8 km Tiefe gelegenen Magmaherd beim
Erkalten der Magma entsteht, bildet zusammen mit dem vorhandenen Grundwasser große Mengen an Kohlensäure (H2CO3). Die
wird industriell in speziellen Brunnen gesammelt und gelangt per Tankwagen nach
ganz Europa >>> mehr
Weniger bekannt ist, dass im
19. Jahrhundert am Westrand des Wehrer-Kessels („Hüttenberg“) von der
Gute-Hoffnungs-Hütte auch Eisenerz gefördert und zur Verarbeitung nach
Oberhausen transportiert wurde >>> mehr
Ein gut ausgeschildertes Wanderwegenetz und interessante Erlebnis-Routen führen u.a. zum Laacher See oder zur "Eiszeitlichen Gleitfalte" am Dachsbusch.
Öffnungszeiten: Mai - Oktober: Mo - Fr 08.30 - 17.00 h Sa - So 10.00 - 13.00 h
Die Tourist-Information Brohltal hat am Rathaus in
Niederzissen ein Außen-Infoterminal für Gäste und Einheimische eingerichtet,
das kostenlos über das touristische Angebot im Brohltal informiert >>> hier