Museumsstück im Freien - Alte Handschlagmaschine aus der Zeit der Bimssteinherstellung an der Ecke Hofacker/Kaltenengerser Straße (Foto: Ulrich Siewers PR)
Wer den Eingang zum Urmitzer
Heimatmuseum im Hof des Hauses Nr.42 in der Hauptstraße entdeckt hat, den
erwartet eine prächtige Ansammlung von „Altertümchen“ und Kuriositäten. Und wer
dahinter ein ausgefeiltes Konzept mit akademischem Anspruch erwartet, irrt
sich. Die Männer und Frauen des „Örmser Museum e.V.“sammeln und restaurieren in
ihrer Freizeit alles, was irgendwie an die lange Geschichte des Rheinortes
erinnert. Und was dort au vier Etagen zusammen gekommen ist, kann sich durchaus
sehen lassen.
Funktionsfähiger Motor von 1890 (Foto: Ulrich Siewers PR)
Ein seltenes Unikat erwartet den
Besucher bereits im Erdgeschoss. Da steht neben alten, liebevoll restaurierten und gepflegten Traktoren sowie allerlei
landwirtschaftlichen Gerätschaften ein voll funktionstüchtiger Motor aus dem
Jahr 1890. Es ist ein Unikat, hergestellt in Handarbeit von der “Brohler
Apparate Bauanstalt” des Anton Bröhl. Der stählerne Koloss mit dem großen
Schwungrad diente jahrzehntelang als Antrieb für eine Wasserpumpe in der
Urmitzer Schwemmsteinfabrik Nikolaus Will. Eine Wand aus gemauerten
Schwemmsteinen (Bimssteinen) im Hintergrund erinnert an die Zeiten der
Bimsindustie, die Mitte des 19. Jahrhunderts in Urmitz begann und bis in die
heutige Zeit die Landschaft des Neuwieder Beckens beiderseits des Rheins prägt.
Ein "Bimser" bei der Arbeit am "Klopptisch" (Foto: Ulrich Siewers PR)
Die Herstellung von Schwemmsteinen geschah
ab Mitte des 19. Jahrhunderts in Handfertigung. Der rund um Urmitz reichlich
vorhandene Bimssand wurde anfangs mit Kalkwasser (Kalkmilch), später mit Zement
vermischt. Der so entstandene „Speis“ wurde anschließend auf „Klopptischen“ in
Steinformen gefüllt und mit einem Eisendeckel verdichtet. Nachdem der so
entstandene Rohstein aus der Form befreit wurde, landete er auf einem Brett.
Diese Bretter wanderten anschließend in Gerüste, wo die Steine einige Wochen
an der Luft trockneten, bevor sie schließlich in den Versand gelangten.
Die Ausstellung ist in ihrer Art einmalig in Deutschland (Foto: Ulrich Siewers PR)
Die Mechanisierung des
Herstellungsvorgangs mit der sogenannten Handschlagmaschine setzte etwa ab 1920
ein. Zuvor geschah alles in Handarbeit bei Wind und Wetter meist unter freiem
Himmel. Auch Kinder, sowohl Jungen als auch Mädchen, schufteten wie die erwachsenen
„Bimser“ mindestens 12 Stunden am Tag, in der Regel ohne Pausen.
An diese Zeiten erinnert die
Ausstellung im Keller des Museums, die in ihrer Art bisher einzigartig in
Deutschland ist.
Mehr über die spannende Geschichte des Bimsabbaus erfahren Sie >>> hier
Das Fahrrad in der Ecke diente einem Bankräuber als "Fluchtfahrzeug" (Foto: Ulrich Siewers PR)
Im 1. Stock erwartet den Besucher
eine Ansammlung von Gebrauchsgegenständen, Geräten und Einrichtungsgegenständen
aus Uromas Tagen. Ein nicht alltägliches Ausstellungsstück ist ein
Damenfahrrad. Mit diesem „Fluchtfahrzeug“ hatte vor einigen Jahren ein
Bankräuber versucht, das Weite zu suchen. Dank des beherzten Eingreifens eines
türkischstämmigen Urmitzers wurde die Flucht vereitelt. Auch das ist ein Stück Heimatgeschichte!
Diese von Hand betriebene Maschine diente zum Verschließen von Konservendosen und war früher in vielen Haushalten zu finden (Foto: Ulrich Siewers PR)
Die Frachtkähne wurden mit diesen riesigen "Haspeln" gesteuert (Foto: Ulrich Siewers)
Auf dem Weg durch das Treppenhaus
fallen dem Besucher immer wieder maritime Gegenstände, Schiffsmodelle, Bilder
und Fotos auf, die an die Zeit erinnern, als Urmitz eine wichtige Kahnstation
am Mittelrhein war. Die Frachtkähne, anfangs noch aus Holz, lagen oft zu
Dutzenden am Rheinufer, wo sie mit Schwemmsteinen beladen wurden. Gezogen von
kräftigen Dampfbooten (Schlepper) gelangten die begehrten Baustoffe bis nach
Hamburg. Heute leben nur noch wenige Schiffer im Rheinort. Das Heimatmuseum hat
sich zur Aufgabe gemacht, die alte Tradition in Form von Erinnerungsstücken für
die Zukunft zu bewahren.
Was Mädchenherzen zu Großmutters
Zeiten höher schlagen ließ, erwartet den Besucher im Dachgeschoss. In
beleuchten Vitrinen stehen in langer Reihe Puppenstuben, Kaufmannsläden und
sogar ein komplettes Klassenzimer, alles „bewohnt“ von passenden Püppchen und
Figuren mit liebevoll dekorierten Accessoires.
"Einsatzfahrzeug" und Ausrüstung einer Hebamme in den 1950-er Jahren (Foto: Ulrich Siewers PR)
In einer Ecke unterm Fenster finden
wir das alte K51-Moped der Marke MIELE und die Ausrüstung von Frau Scharbach, der
langjährigen Hebamme in Urmitz.
Gerhard Keßler präsentiert die prähistorischen und antiken Fundstücke (Foto: Ulrich Siewers PR)
Und dann wären ja nuch die
prähistorischen und antiken Fundstücke aus der Urmitzer Gemarkung, die ja seit
mehr als 3.000 Jahren von Menschen besiedelt wird....
Aber Schauen Sie einfach mal selbst ins "Örmsche Museum" rein. Vielleicht entdecken Sie noch ganz andere Schätze.
Da es kein angestelltes Personal
gibt und das Museum nur von ehrenamtlich tätigen Mitgliedern betreut wird, gibt
es keine festgelegten Öffnungszeiten. Meistens ist es aber an Sonn- und
Feiertagen während den Sommermonaten geöffnet.
Am besten man ruft vorher kurz beim
Vereinsvorsitzenden Gerhard Keßler an: Telefon 02630 96 25 45