Das Abtraggerät ist noch voll funktionsfähig (Foto: Ulrich Siewers)
Rechtzeitig vor Ostern wurde der Vulkanpark und
somit die Region Osteifel um eine weitere Attraktion bereichert. Auf dem Freigelände
einer stillgelegten Fabrik für Leichtbetonsteine in Kaltenengers erfahren
kleine und große Besucher alles über die Produktion von Bausteinen, deren
wesentlicher Grundstoff aus der Tiefe des Laacher Vulkans stammt, dem Bims.
Vor rund 13.000 Jahren spuckte die Erde riesige
Mengen glühender Lava und giftiger Gase in die Atmosphäre. Der nachfolgende
Ascheregen bedeckte das gesamte Neuwieder Becken wie ein gigantisches Leichentuch
mit einer oft viele Meter hohen Bimsschicht. Dieser Bimssand, den im Museum
jeder in die Hand nehmen darf, ist so leicht, dass er sogar auf Wasser
schwimmt >>> mehr
Anfangs wurden die Schwemmsteine noch in Handarbeit hergestellt und auf den Arken getrocknet (Foto: Ulrich Siewers)
Einem Zufall ist es offensichtlich zu verdanken,
dass im Jahr 1845 der Koblenzer Architekt und Bauinspektor Ferdinand Nebel ein
Verfahren zur Herstellung von Leichtbausteinen aus Bims entdeckte, indem er
gemahlenem Bims Kalkmilch zusetzte. Die so gewonnenen Schwemmsteine waren
relativ leicht, schnell zu verarbeiten und besaßen gute wärmedämmende
Eigenschaften. Die Grundbestandteile waren billig und überall in der Region
leicht zu beschaffen. Auch brauchte man keine spezielle Ausbildung. Die
Herstellung erfolgte zunächst in Handarbeit. Zunächst wurde die „Speis“ gemischt,
dann mit der „Plötsch“ in hölzerne Formen „geklopft“ und schließlich auf langen
Holzgestellen, sog. „Arken“, zum Trocknen aufreiht.
Mit der Handschlagmaschine ließen sich in einem Arbeitsgang gleich mehrere Steine herstellen (Foto: Ulrich Siewers)
Um die lange Trockenzeit der Schwemmsteine zu
beschleunigen und ihre Haltbarkeit zu verbessern, wurde ab 1900 die Kalkmilch
durch Zement ersetzt. Wenig später wurden die primitive Einzelfertigung durch
eiserne Stein- oder Handschlagmaschinen ersetzt. Mit ihrer Hilfe konnte die
Produktpalette erheblich erweitert werden, darunter auch Bimsdielen sowie Hohlblock-
und T-Steine diverser Abmessungen. Heute bewältigen vollautomatischen Misch-
und Steinformmaschinen die Produktion. Ein vollfunktionsfähiges Modell im
Maßstab 1:4 im Innern der alten Fabrik begeistert jeden Technikfan.
Ohne die leichten Hohlblocksteine aus Bims, die auch "Galloppsteine" genannt wurden, wäre das "Wirtschaftswunder" nach dem 2. Weltkrieg kaum möglich gewesen (Foto: Ulrich Siewers)
Die Entdeckung Nebels war die Grundlage für die
bedeutende Baustoffindustrie im Neuwieder Becken. In der Zeit des Wiederaufbaus
nach dem Zweiten Weltkrieg, dem „deutschen Wirtschaftswunder“, betrug der
Anteil der Schwemmsteine zeitweise 40 Prozent der gesamten deutschen
Bausteinproduktion.
Liebevoll restaurierte Maschinen wie diese Planierraupe gehören zu den Attraktionen des Museums (Foto: Ulrich Siewers)
Nach dem Rückgang des Baubooms am Ende der Wirtschaftswunderzeit gelang es der Schwemmsteinindustrie im Neuwieder Becken schließlich, neue Geschäftsfelder für ihren Fortbestand zu erschließen. Eng mit dieser Konsolidierung verbunden war die
Neuausrichtung ihrer Produkte in den Garten- und Landschaftsbau. Nach Auskunft ihres Verbandes werden die Bimsvorräte auch die nächsten Jahrzehnte
ausreichen, da sich die Aufbereitungstechniken geändert haben. Derzeit hält die deutsche Bimsindustrie einen Marktanteil am
gesamtdeutschen Mauerwerksbau von ca. 13 %.
Mit dem neuen Museum der deutschen Bimsindustrie wurde
dieser wichtigen Ära unserer Geschichte ein lebendiges Denkmal gesetzt. Die
alten Geräte sind weitgehend funktionsfähig. Alles darf berührt und ausprobiert
werden. Dank Multimedia schauen wir in die einzelnen Arbeitsabläufe vom Abbau
in den Bimsgruben über den Transport bis hin zur Verladung auf Schiff und Bahn. Das alte Zementsilo in neuem Glanz (Foto: Ulrich Siewers)
Tragbare Audiogeräte führen Einzelbesucher durch das weitläufige Gelände, in
dem zahlreiche Sitzgelegenheiten aufgestellt wurden. Für Gruppen gibt es
fachkundige Führungen. Deshalb ist es gerade für Schulklassen ein idealer
Lernort, um die Zusammenhänge zwischen Wirtschaftsgeschichte, Technik, Arbeit
und Natur kennen und besser zu verstehen zu lernen.
Anschrift:
Museum der deutschen Bimswirtschaft
Rübenacher Straße
56220 Kaltenengers
Öffnungszeiten:
Montag/Donnerstag Ruhetag Dienstag/Mittwoch nach Vereinbarung Freitag bis Sonntag 9:30 bis 18:00 Uhr
Preise:
Kinder unter 100cm: frei
Kinder bis 16 Jahren: € 3,50
Schüler, Studenten, Behinderte, BFD: € 4,00
Erwachsene: € 5,00 Familien: Kinder bis 16 Jahren € 3,00; Erwachsene € 4,00