Blick von Südwesten auf die Stadt und die Münsterkirche über ihren Dächern (Foto: Ulrich Siewers PR)
Der majestätisch aufragende Dreierturm der
Stiftskirche St. Martin und St. Severus beherrscht wie eine Burg die Stadt
Münstermaifeld und das gesamte Umland. Bereits zur Römerzeit siedelten Menschen
an diesem Ort. Nachdem die Römer dem Ansturm der Völkerwanderung gewichen waren,
nahmen Franken den Ort in ihren Besitz. Erst vor kurzer Zeit wurden im Umfeld
der heutigen Stiftskirche zahlreiche Gräber aus dieser Zeit entdeckt.
Um 580, in der Zeit der
Merowinger, ließ der Trierer Erzbischof Magnericus (Magnerich) auf dem
Fundament eines römischen Wachturms eine
Martinuskirche erbauen. Schnell entwickelte sich der Ort zum religiösen
Mittelpunkt des Maifeldes. Etwa um 620 gründete Erzbischof Moduald im Umfeld der
Kirche eine Priestergemeinschaft, aus der sich nach dem Jahre 700 ein
Kollegiatsstift der
Augustinerchorherren entwickelte. Aus der Kirche wurde nun ein "Monasterium"
(Münster), also eine Klosterkirche.
Das mächtige Westwerk des Münsters (Foto: Ulrich Siewers PR)
Zu den Aufgaben der rund 20 Kanoniker
gehörte die Seelsorge im damaligen Mayengau, der von den Höhen der Eifel bis in
den Hunsrück hinein reichte. Die Urpfarrei entwickelte sich prächtig und brachte
dem Kloster großes Ansehen und Reichtum. Nachdem Bischof
Ruotbert im Jahre 951 König Otto I. bei dessen Reise nach Rom begleitet und
Reliquien
des Heiligen Severus mitgebracht hatte, vermachte er diese vier Jahre
später der Kirche in Münstermaifeld. So wurde St. Severus zum zweiten
Kirchenpatron und der Ort ein viel besuchtes Wallfahrtszentrum.
Im 11. Jahrhundert entstand eine neue Kirche, die
1103 von Erzbischof Bruno von Trier eingeweiht wurde. Von diesem im
romanischen Stil gestalteten
Kirchenbau ist heute noch das mächtige dreitürmige Westwerk und die Sakristei
erhalten. Um 1225 begann man schließlich mit dem Bau der dritten Kirche. Man
fing beim Chorraum an und nach Fertigstellung des Querschiffes, des Langhauses
und der Seitenschiffe mit ihren Chören. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts wurde das
Obergeschoss des romanischen Westwerks mit Zinnen und Erkern im Stil der Gotik
verziert und der mittlere Turm aufgestockt.
Die Türme des Westwerks und das vorgebaute Paradies von Südwesten (Foto: Ulrich Siewers PR)
Erst nach der Einweihung des
mächtigen Gotteshauses im Jahre 1322 durch den berühmten Fürstbischof
Balduin
wurde dem Südportal ein "Paradies" im Stil der
Hochgotik vorgesetzt und
das frühere romanische Hauptportal im Westwerk geschlossen.
Um 1400 waren die
Arbeiten vorläufig abgeschlossen. Von den verheerenden Auswirkungen des
30-jährigen Krieges (1618 - 1648) und nur wenig später durch die
Feuerwalze des Pfälzer
Erbfolgekrieges (1688 - 1697) gezeichnet, mussten Ende des 17.
Jahrhundert zerstörte Teile des Gotteshauses renoviert werden. Gleichzeit wurden
Teile der Kirche dem Stil der damaligen Zeit, dem
Barock, angepasst. Der
gotische Hauptaltar musste einem gewaltigen Barockaltar weichen. Auch die
Seitenchöre wurden im neuen Stil umgestaltet und die farbenprächtigen Wandbilder
aus der Gotik mit weißer Farbe übertüncht.
Im Zuge der territorialen Auseinandersetzungen in
Europa nach der französischen Revolution, besetzten 1794 erneut französische
Truppen unter ihrem General
Marceau die Osteifel. 1802 wurde das Kollegiatsstift durch die französische
Verwaltung im Zuge der
Säkularisation geschlossen. Der Abriss der Stiftskirche konnte nur durch
ihre Umwidmung zur Pfarrkirche verhindert werden.
Das "Paradies" mit der Himmelskönigin und den Kirchenpatronen (Foto: Ulrich Siewers PR)
Der Besucher betritt das Gotteshaus durch das "Paradies"
(Narthex) an der Südseite. In der mittelalterlichen Architektur bezeichnet man
so den mit Mauern und einem Säulengang umfriedeten Vorhof von Gotteshäusern.
Dabei spielte wahrscheinlich die Vorstellung mit, die Vorhalle der Kirche sei
ein "Vorhimmel" für das ins Jenseits versetzte irdische Paradies. Die gotischen
Figuren über der geteilten Eingangstür zeigen in der Mitte die Himmelskönigin
Maria mit ihrem Kind und den königlichen Insignien Krone und Zepter. Links von
ihr im Priestergewand mit Kelch und Bibel der hl. Severus und rechts im
Bischofsornat der hl. Martin mit dem Krummstab.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts brach man den
mittlerweile baufällig gewordenen Kreuzgang an der Nordseite ab. Bei
Renovierungsarbeiten wurden in den 1920-er Jahren wurden der farbige
Kapitellschmuck sowie einige der gotischen Fresken wieder freigelegt. Die
auffälligste Darstellung ist der achteinhalb Meter hohe Christophorus, der
das Jesuskind mit der Weltkugel trägt. Er stützt sich auf einen mächtigen Baum
(Lebensbaum mit grünen Blättern). Bekleidet ist er mit einem orientalischen
Prachtgewand. Die Darstellung wirkt insgesamt ikonenhaft. Besonders die Augen
des riesigen Heiligen scheinen den Betrachter überall in der Kirche zu
verfolgen. Die Inschrift neben der Darstellung lautet dementsprechend
(übersetzt): "Wer immer des heiligen Christophorus Antlitz erblickt, den wird
an diesem Tag kein Unheil treffen."
St. Christophorus und Teile nördliches Seitenschiff mit bemaltem Pfeiler (Foto: Ulrich Siewers PR)
Zwei Pfeilerbemalungen sind besonders erwähnenswert.
St. Martin zu Pferd, der seinen Mantel mit dem Schwert teilt und der Bettler zu
seinen Füßen, darunter St. Severus im prunkvollen Priesterornat mit Kelch und
Hostie (1577). Ein weiterer Pfeiler zeigt in leuchtenden Farben Maria zu Besuch
bei Elisabeth (Heimsuchung, 1472). Auffallend sind auch die zwölf farbigen
Weihekreuze - jedes für einen Apostel - an den Wänden. Sie markieren die
Stellen, an denen Erzbischof Balduin 1322 die Weihe der Kirche vorgenommen hat.
Pfeiler mit bemalten Kapitellen und den Abbildungen der beiden Kirchenpatrone (Foto: Ulrich Siewers PR)
Langschiff und Chorraum mit dem Goldaltar (Foto: Ulrich Siewers PR)
Auch der gotische Aufsatz des Antwerpener
"Goldaltars" von 1518 gelangte erst 1932 wieder an seinen ursprünglichen
Platz im Chorraum. Da im Mittelalter die Gläubigen weder lesen noch schreiben
konnten, erzählen wunderbar geschnitzte und bunt bemalte Szenen die
Heilsgeschichte Jesu von der Verkündung seiner Geburt bis zur Auferstehung. Die
üppigen Vergoldungen sollten dabei den Eindruck von der Herrlichkeit des Himmels
und der Ewigkeit nachhaltig unterstützen. Auch die beweglichen Altarflügel
hatten eine besondere Bewandtnis: In der Advents- und Fastenzeit können
sie geschlossen werden und der Betrachter sieht nur die bemalten Rückseiten. Zu
den Hochfesten Weihnachten und Ostern wurden sie wieder geöffnet und der Altar
beeindruckte die Menschen mit seinem Glanz und seiner Strahlkraft.
Zu den gotischen Schätzen des Gotteshauses
gehört auch eine Anna
Selbdritt im rechten Seitenchor. Die Holzplastik entstand in der 2.
Hälfte des 15. Jahrhunderts besticht durch ihre Farbigkeit und die Einfachheit
der Gestaltung. Nachdem sie 1983 zusammen mit anderen Figuren gestohlen wurde
und seitdem lange als verschollen galt, tauchte sie unerwartet 1994 in der Nähe
von Fulda wieder auf. Nach erfolgter Restauration erfreut sie wieder das Auge
und das Herz des Betrachters.
Anna Selbdritt (Foto: Ulrich Siewers PR)
Weitere Kostbarkeiten sind das
Heilige Grab mit seinen mannshohen Figuren im linken Seitenschiff, um
1600 aus Tuffstein gefertigt und bunt bemalt. Etwa zur gleichen Zeit entstand
ebenfalls aus Tuffstein die Darstellung Christi als Schmerzensmann darüber.
Links davon in einer Nische vor zahlreichen brennenden Kerzen eine
eindrucksvolle Pietà aus
der Zeit der Spätgotik (um 1500).
Spätgotische Pietà (Foto: Ulrich Siewers PR)
Zu den barocken Elementen der Inneneinrichtung
zählen insbesondere der Alabasteraltar an der Stirnseite des linken Querhauses
mit der Darstellung des Abendmahls. Die fünf überlebensgroßen Holzfiguren,
darunter die beiden Kirchenpatrone, stammen vom früheren Barockaltar und zieren
nun das rechte Seitenschiff sowie die südliche und die nördliche Apsis. Auch die
Reliquiarbüste mit den Gebeinen des hl. Severus stammt aus der Barockzeit.
Stolz ist man in Münstermaifeld auf die prächtige
mit Figuren verzierte
Barockorgel aus der Werkstatt des Meisters
Johann Michael Stumm
(1722/23). Das Klangerlebnis dieses Instruments in seiner Umgebung ist einmalig
in der ganzen Osteifelregion.
Erwähnenswert ist auch die Taufkapelle im Bereich
des früheren Haupteingangs im Westwerk. Das massive Taufbecken aus belgischem
Blaustein ist
reich verziert und stammt aus dem 12. Jahrhundert. Rechts davon steht eine
hölzerne Statue, die Johannes d. Täufer darstellt (um 1520).
Die Taufkapelle (Foto: Ulrich Siewers PR)
Um weitere Kostbarkeiten des Münsters kennenzulernen
empfiehlt sich unbedingt die Teilnahme an einer der fachkundigen Führung.
Diese
finden von Ende März bis Ende Oktober regelmäßig sonntags jeweils um 14.00 Uhr -
werktags nach Vereinbarung - statt und beginnen an der Stiftskirche >>>
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